Governance der Nanotechnologie. TA in der globalen Diskursordnung (Buchbeitrag 2007)

Petra Schaper-Rinkel (2007). Governance der Nanotechnologie: TA in der globalen Diskursordnung. In: Alfons Bora, Stephan Bröchler, Michael Decker. Technology Assessment in der Weltgesellschaft. Berlin: Sigma. S. 221-228

Einleitung

Die Beschleunigung von Innovationsprozessen ist ein Motor von Globalisierung und damit ein Prozess, der von Regierungen im Wettlauf um internationale Wettbewerbsfähigkeit forciert wird. Das ‚Regieren der Nanotechnologie’ lässt sich allerdings weniger als hierarchische Steuerung durch staatliche Institutionen denn als Governance fassen. Governance umfasst analytisch staatliche Steuerung im engeren Sinne (Government) als auch kooperative Verhandlungssysteme sowie Formen der gesellschaftlichen Selbststeuerung. Normativ ist mit solchen neuen, ‚weichen’ Formen des Regierens vielfach die Erwartung verbunden, widersprüchliche Anforderungen zu realisieren: Sowohl die demokratische Legitimität politischer Herrschaft als auch deren Problemlösungsfähigkeit und Effizienz soll erhöht werden. Die Governance der Nanotechnologie ist mit einer Beteiligung heterogener Akteure sowie der Entstehung unterschiedlicher formeller und informeller Verfahren verbunden. In diesem Rahmen gewinnt das methodische Arsenal von TA an Bedeutung: TA trägt dazu bei, das global verteilte, institutionell und disziplinär heterogene Technologiefeld zu formieren; liefert (machtvolle) argumentative Beiträge zur Entwicklung der jeweiligen Technologiepolitik und ist sowohl ein Instrument nationalstaatlicher Innovationspolitik wie auch Vermittlungsmodus in der Herausbildung einer globalen Governance. Die Möglichkeiten und Grenzen von TA in der Entwicklung globaler Diskurse und Governance-Formen sollen im Folgenden dargestellt werden.

TA hat sich konzeptionell seit den Anfängen Ende der 60er Jahre erweitert und methodisch ausdifferenziert: Analysiert werden heute nicht nur Folgen, sondern auch Genese und damit Gestaltung von Technologien, und TA umfasst nicht nur Stellungnahmen, sondern auch Diskursorganisation (Petermann 1999). TA ist Gegenstandsbereich von Governance und zugleich ermöglicht eine analytische Governance-Perspektive, die Bedingungen politischer Techniksteuerung im Zusammenwirken staatlicher und privater Akteure in den Blick zu nehmen (vgl. Bröchler 2007).