Vortrag: Nano-Science-Fiction: Zum ambivalenten Verhältnis von Technologiepolitik und Science Fiction

26.-28. Mai 2006 Tagung: Technik und Öffentlichkeit

Tagung der Gesellschaft für Technikgeschichte (gtg) und der Gesellschaft für Wissenschafts- und Technikforschung (GWTF) an der TU-Berlin

Programm

Abstract

Nanotechnologie wird seit den 80er Jahren popularisiert und findet eine zunehmende Reflexion in der Populärkultur. Nano-Forscher stellen die Möglichkeiten der Technologie in Form von Science-Fiction-Szenarien vor (z.B. Eric Drexler), Science-Fiction-Autoren entwerfen fiktionale Nanowelten der Zukunft (z.B Neal Stephenson) oder aber Horrorszenarien einer umfassenden Bedrohung der Welt durch selbstreplizierende Nanoroboter (Michael Crichton). Politische Akteure (z.B. Forschungsministerien) nutzen ebenfalls Zukunftsszenarien und populäre Darstellungen, um die Innovationspotentiale der Nanotechnologie einer breiten Öffentlichkeit zu vorzustellen.

Science Fiction, populärwissenschaftliche Darstellungen von zukünftigen Nanotechnologien, Informationsmaterialien von Ministerien und Zukunftsszenarien von Unternehmen überschneiden sich teilweise bei der Darstellung möglicher industrieller und technischer Veränderungen, unterscheiden sich aber auch deutlich im Hinblick auf die antizipierte Form und Reichweite zukünftiger gesellschaftlicher Veränderungen. Zugleich reflektieren sich populäre Darstellungen wechselseitig: Nano-Science-Fiction reflektiert die avanciertesten Szenarien von Nano-Wissenschaftlern (insbesondere die umstrittenen Vorstellungen von selbstreplizierenden Nanobots, wie sie Drexler entwirft), wobei die gesellschaftlichen Veränderungen im Kontext der Technologieentwicklung dramatisiert werden. Im Kontext der öffentlich geförderten Nano-Ausstellungen und populärwissenschaftlichen Informationsmaterialien werden Science-Fiction-Szenarien aufgegriffen, um Grenzziehungen zwischen ‚Science’ und ‚Fiction’ zu etablieren. Im Kontext von Technikfolgenabschätzung werden Science-Fiction-Szenarien analysiert und auf ihre strategischen Implikationen hin untersucht.

Dabei zeigt sich ein höchst ambivalentes Verhältnis von Technologiepolitik und Science Fiction. Nano-Fiktionen einer neuen industriellen Revolution, in der universelle Nanoroboter vom T-Shirt bis zum Handy alles Gewünschte im Nu entstehen lassen, werden im Kontext einer auf ökonomische und technologische Beschleunigung setzenden Technologiepolitik sowohl positiv als innovationsförderlich gesehen (erhöhen und verbreitern das Interesse an Nanotechnologie), aber auch mit Skepsis betrachtet (falls Horrorszenarien die Oberhand gewinnen und Nanotechnologie zu einer umstrittenen Technologie werden könnte). In dem Beitrag wird gezeigt, welche unterschiedlichen technologiepolitischen Strategien sich zum Umgang mit NanoScienceFiction im internationalen Kontext zurzeit herauskristallisieren.