Partizipation und die Generierung von Zukunftswissen (Vortrag Hamburg, 23.03.2012)

Schaper-Rinkel, P. Partizipation und die Generierung von Zukunftswissen: Governance oder Gouvernementalität? Vortrag auf  Tagung (Un‐)Sicherheit, (Bio‐)Macht und (Cyber‐)Kämpfe: Kritische Theorieperspektiven auf Technologien als Ort gesellschaftlicher Auseinandersetzung
Gemeinsame Frühjahrstagung der Sektion „Wissenschafts‐ und Technikforschung“ der DGS, des Arbeitskreises „Politik, Wissenschaft und Technik“ der DVPW und der TU Hamburg‐Harburg, Arbeitsgruppe Arbeit‐Gender‐Technik, Hamburg, 23.03.2012

Abstract

Bei neuen Technologien wie Nanotechnologie, Synthetischer Biologie und Neurotechnologien sind nicht erst die ‚fertigen‘ technische Artefakte umkämpft, sondern bereits die Ausrichtung und die Rationalität der spezifischen wissenschaftlichen Felder, die auf die Entwicklung von eben jenen sogenannten Zukunftstechnologien ausgerichtet sind. Damit sind drei Phänomene verknüpft, die für kritische Theorieperspektiven zentral sind

  • Die Grenzen zwischen Wissenschaft und Technologie werden unscharf.

Mit Konzepten wie Technoscience und Mode 2 wird der enge Zusammenhang zwischen den Praxen der Wissensproduktion und neuen Technologien gefasst.

  • Die Kritik richtet sich (auch) auf die Wissensproduktion

Auch die Kritik von NGOs und aus den Science and Technology Studies richtet sich nicht mehr nur auf vorhandenen Technologien, sondern auch auf die Wahrheitspolitiken der Formierung von wissenschaftlich-technischen Feldern.

  • Die Governance von Wissenschaft und Technologie setzt auf partizipative Verfahren, die Kritik früh aufnimmt.

Mit der zunehmenden Partizipationsorientierung in der Governance von Wissenschaft und Technologien werden kritische Ansätze zugleich zu einem Teil einer Partizipationsindustrie, die Kritik (zum Teil) in den Diskurs aufnimmt, der auf das Vorantreiben von Technologien gerichtet ist.

 

Die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um Technologien werden somit vielfach zu Auseinandersetzungen um Wissenschaftspraxen; die Technologiekritik wird zu einer Wissenschaftskritik jener höchst spezifischen Form von Wissenschaft, die auf die Entwicklung von Zukunftstechnologien gerichtet ist und die Generierung von Wissen an Technologien ausrichtet. Die Integration vieler Akteure zu einem frühen Zeitpunkt in die Gestaltung von Zukunftstechnologien entspricht paradoxerweise dem, was kritische Ansätze in der Technikforschung gefordert haben und zugleich zeigt sich, dass damit eine spezifische Subjektivierung (Unterwerfung) derer stattfindet, die einbezogen sind und sich eine eigene – Kritik beschränkende – Rationalität des Mitmachens etabliert.  So lässt sich in Bezug auf die oben genannten Zukunftstechnologien eine Form der Governance charakterisieren, die in dem Beitrag aus einer Gouvernementalitäts-Perspektive kritisch analysiert werden soll.