Petra Schaper-Rinkel (04.05.2007). Governing the nanospace: The Governance of truth, relevance and safety. Vortrag auf der Konferenz “Deliberating Future Technologies: Identy, Ethics, and Governance of Nanotechnology”. University of Basel, Switzerland, May 3 – 5, 2007
Abstract (english)
The political discourse of nanotechnology is shaping the identity of this technological field. Three main issues are addressed: First, the issue of identity and boundaries: What are the most far reaching but achievable opportunities of nanosciences and nanotechnologies? Second, the issue of relevance: What are the most important directions for the future of nanotechnology research? Third, safety issue: How to speed up development of nanotechnologies while avoiding risks?
Public governance of nanotechnology is based on these three interrelated systems of inclusion and exclusion: The governance of truth, the governance of importance and the governance of safety set up the governance of nanotechnology, and at the same time the political economy of nanotechnology. Within the governance of truth actors from government, various scientific disciplines, industries and research organizations negotiate the boundaries of science and fiction. The frontier area is most disputed. However, it is of great importance for pioneering innovations and long-term innovation policy. However, not everything what is possible, is part of the nanotechnology public funding programmes. The areas of public funding are negotiated (between government, industries, science and investors) within the governance of importance. Safety issues – nanotechnology environment and health safety issues as well as standards of quality – are addressed within the governance of safety. In this respect, the political sphere is the place where identity and boundaries, the hierarchy of importance of specific nanotechnologies and the safety issues – the issues which constitutes a technological field – are fixed.
Den Nanokosmos formieren und regieren: Die politische Produktion von Wahrheit, Relevanz und Sicherheit in der Governance der Nanotechnologie
Abstract (deutsch)
Was heute als Schlüsseltechnologie Nanotechnologie gilt, ist ein politisch formiertes Feld. Die politischen Diskurse der Nanotechnologie, über die das Technologiefeld in seiner Förder- und Regulierungsdimension konstituiert wurde und wird, sind um drei zentrale Fragen gruppiert: Erstens die Frage nach dem Möglichkeiten und Grenzen der Nanotechnologie: Was sind die weitest reichenden, aber erreichbar erscheinenden Möglichkeiten der Nanotechnologie? Zweitens die Frage nach der Relevanz von spezifischen Nanotechnologien: Welche Nanotechnologien haben die höchste Relevanz und was sind die Kriterien von Relevanz? Drittens schließlich die Frage nach Sicherheit: Wie kann die Entwicklung der Nanotechnologie beschleunigt und ausgeweitet werden, und wie können dabei Risiken vermieden werden?
Um diese drei Fragen gruppieren sich die Governance-Formen, die sich in der politischen Ökonomie der Nanotechnologie herausbilden.
Die Governance von Wahrheit besteht in der Organisation der Grenzen des Technologiefeldes, um den äußersten Rand des mittelfristig technisch Möglichen auszuloten und jene Bereiche als ‚Science Fiction’ zu klassifizieren, die als unmöglich gelten. Grenzziehungen zwischen ‚wahrscheinlichen’ und ‚realistischen’ Entwicklungen auf der einen Seite und ‚unrealistischen’ Fiktionen auf der anderen Seite sind für Schlüsseltechnologien in der weiteren Zukunft notwendigerweise schwierig bis unmöglich. Da aber die politische Ökonomie des Versprechens gerade auf den faszinierenden Langfristoptionen beruht, Visionen als mobilisierender Faktor genutzt werden, und die als revolutionär klassifizierten Innovationspotentiale gerade in den Grenzbereichen des Möglichen liegen, ist dieser Grenzbereich von entscheidender Bedeutung für die Nanotechnologiepolitik. Staatliche technologiepolitische Akteure verhandeln kooperativ mit Akteuren aus der Wissenschaft die Grenzziehungen; die gemeinsame Entscheidung stärkt die Grenzen, da sich Politik und Wissenschaft hier wechselseitig legitimieren.
Beim zweiten System handelt es sich um die Governance der Relevanz, in deren Rahmen die ökonomisch relevanten der technisch möglichen Optionen bestimmt werden. Nicht alles, was als wissenschaftlich ertragreich und technisch machbar durch das Kriterium der Wahrheit klassifiziert wurde, kann seine Relevanz unter Beweis stellen. Im Rahmen der Governance der Relevanz wird über die Zuweisung von Ressourcen in Form von Forschungsförderung entschieden.
Drittens schließlich bildet sich eine Governance der Sicherheit heraus, in der sowohl ökonomische Risiken als auch Umwelt- und Gesundheitsrisiken verhandelt werden. Erstens wird über Sicherheit in der Produktion und Anwendung von Nanotechnologien verhandelt und dabei festgelegt, ob mit den bisherigen Regulierungsweisen der Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz zu gewährleistet ist bzw. wo Regulierungslücken festzustellen und gegebenenfalls zu schließen sind. Was hier als Sicherheit politisch verhandelt wird, besteht darin, Regeln zu verhandeln, wie Risiken erhoben, klassifiziert und bearbeitet werden sollen. Zweitens geht es um die Sicherheit hinsichtlich der Qualität spezifischer Nanotechnologien (zurzeit im Hinblick auf Nanopartikel und ‑materialien). Hinsichtlich dieser Form von Sicherheit besteht die Aufgabe darin, Terminologien, Klassifizierungen und Standards für spezifische Nanotechnologien zu entwickeln, um die Herausbildung von industriellen Märkten für Nanoprodukte zu forcieren.