Neuro-Enhancement (Vortrag auf der Klausurwoche „Neuro-Enhancement – Verbesserung des Menschen und seines Gehirns. Ethische, soziale und rechtliche Aspekte“ Hanse-Wissenschaftskolleg)

Neuro-Enhancement through Converging Technologies: Options for Governing Innovation pathways of Neuro-Enhancement Technologies.

Petra Schaper-Rinkel (25.09.2005)

Vortrag auf der Klausurwoche „Neuro-Enhancement – Verbesserung des Menschen und seines Gehirns. Ethische, soziale und rechtliche Aspekte“ Hanse-Wissenschaftskolleg

20. – 27. September 2005

Abstract

Neuro-Enhancement ist ein zentrales Ziel von „Improving Human Performance“, das durch die Konvergenz von Schlüsseltechnologien forciert werden soll. Die Konvergenz von Nanotechnologie, Biotechnologie, Informationstechnologie und Kognitionswissenschaft (NBIC) bedeutet zugleich eine Verschmelzung von Medizin und Technik. In dem Papier werden Ansätze zum Neuro-Enhancement vorgestellt, die aus der Konvergenz von Nano-Bio-Info-Cogno entwickelt werden bzw. sich in der Phase der politisch-strategischen Planung befinden. Dabei sollen die unterschiedlichen Innovationspfade aufgezeigt werden, die im Moment Gegenstand der Diskussion sind. Ausgangspunkt der Analyse ist die Nanotechnologie: Da auf der Nano-Ebene der Moleküle die Unterscheidung zwischen Biologie und Physik, pharmakologischen und nicht-pharmakologischen Interventionen, zwischen Maschine und lebendigem Organismus unscharf wird, steht die Nanotechnologie im Zentrum unterschiedlicher Entwicklungsanstrengungen. Die Entwicklungsziele reichen dabei von neuen pharmakologischen Möglichkeiten (drug-delivery systeme), über verschiedene Varianten der Analyse und Beeinflussung von Hirnströmen bis zu biohydriden Systeme (z.B. nanoelektronische Neuroimplantate, Brain/machine interfaces).

Die Entwicklungsanstrengungen kommen dabei sowohl aus der Medizin, der Pharmaindustrie, der Computerindustrie als auch der Militärforschung, was auf divergente Innovationsverläufe (Marktentwicklung, Regulierungsmuster) verweist. Als gemeinsames Ziel der unterschiedlichen Entwicklungsanstrengungen steht die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und internationalen Durchsetzungsfähigkeit im Vordergrund: Die individuelle Nachfrage nach Enhancement-Technologien bzw. die unternehmerische Nachfrage nach entsprechenden Arbeitskräften zielt auf die Erhöhung der Leistungsfähigkeit im verstärkten Wettbewerb um Arbeitsplätze, Marktanteile und gesellschaftliche Ressourcen. Aus nationalstaatlicher oder regionaler Perspektive soll die Wettbewerbsfähigkeit der jeweiligen nationalen oder regionalen Industrie durch Enhancement-Technologien erhöht werden und aus der militärischen Perspektive sollen Enhancement-Technologien die militärische Kampfposition stärken.

Diese Entwicklungstendenz steht im Gegensatz zum Ziel einer nachhaltigen Entwicklung und tendenziell auch im Gegensatz zum Vorsorgeprinzip. Beide Prinzipien sind zwar Ziele, auf die sich die Mehrheit der Industriestaaten generell geeinigt hat, die jedoch auf einzelnen Feldern jeweils einer Konkretisierung bedürfen. In Bezug auf die Gestaltung der Konvergenz – gerade in den sensiblen Bereichen des Neuro-Enhancements – zeigen sich zwei unterschiedliche Gestaltungsoptionen: Während in der US-amerikanischen Regierungsprogrammatik stärker auf ‚positive’ Gesellschaftsentwicklung durch ‚Improving Human Performance’ gesetzt wird, sind in der EU-Diskussion (die auf die NBIC-Strategie reagiert) erste Ansätze zu verzeichnen, die Orientierung an Nach­haltigkeit und dem Vorsorgeprinzip auch im Hinblick auf Improving Human Performance/Neuro-Enhancement zu konkretisieren.

Diese Konkretisierungsversuche stehen vor dem Problem, dass im Kontext von Globalisierung und damit der globalen Verfügbarkeit von Technologien und Medikamenten nationalstaatliche (und selbst EU-weite) Gestaltungsansätze nur eine begrenzte Wirksamkeit haben. Da die Problemdimension global ist, kann politische Gestaltung von Innovationspfaden nur wirksam sein, wenn sie die internationale Dimension berücksichtigt.

In dem Beitrag wird untersucht, welche Strategien bisher entwickelt wurden, spezifische oder gar gegensätzliche Innovationspfade durch Förderung und Regulierung politisch zu gestalten.

Publikation
erscheint in: Petra Schaper-Rinkel (2008): Neuro-Enhancement Politiken. Die Konvergenz von Nano-Bio-Info-Cogno zur Optimierung des Menschen. In: Bettina Schöne-Seifert u.a. (Hrsg.), Neuro-Enhancement. Ethik vor neuen Herausforderungen. Paderborn: Mentis.

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